Viralvideo nach Niedriglohn bei EDEKA: Supergeil oder taktlos?

Screenshot EDEKA Friedrich Liechtenstein Supergeil Video

In 2014 ist EDEKA kein Dorfkaufmann mehr. Der Lebensmittel-Riese, der einst als „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ gegründet wurde, hütet und pflegt sein Image aufwändig, auch unter Bloggernmit Liebe. Nun hat der Konzern eine zeitgemäß anmutende Kampagne gestartet. Diese kommt locker-flockig als Musikvideo daher und platziert eine deutlich aufgeladene Botschaft: Seht her – alles ist einfach und wir sind die Größten! – #supergeil

– Quelle: EDEKA via YouTube

Die Intonation „Super geil“ des Berliner Entertainers Friedrich Liechtenstein kommt uns dabei sehr bekannt vor: „Alles super“ (Aral) und „Ich bin doch nicht blöd“ (Media Saturn)  lassen grüßen. Ein wenig Bohème á là Lady Marmalade, ein paar Anleihen an Joel Landi Signor Valmano und dazu eine Prise „It’s cool, man“ (Milka). Beim genauen Hinschauen lassen sich sogar Moleküle von „Super Ingo“ (zuletzt RWE, ehemals DEA) erkennen. Damit ist fix die grobe Image-Politur angerührt. Die beauftragte Kreativabteilung bei Jung von Matt/Elbe musste hier sicher nicht so weit springen.

– Quelle: Milka (1994) via YouTube

Was dabei gleichermaßen gelassen wie verstörend zynisch wirkt, ist die inhaltliche Aussagekraft. So kann der Werbeclip etwa auch als Antwort auf die zuletzt in den Medien aufgegriffenen Probleme der Marke EDEKA betrachtet werden. Dabei ging es um Leiharbeiter, die teilweise zu Niedriglöhnen in einzelkaufmännisch geführten Filialen beschäftigt worden sind. Diese Märkte machen einen erheblichen  Teil der EDEKA-Lebensmittelkette aus. – Dazu schrieb Spiegel Online:

[In den privat betriebenen Märkten orientieren sich einige der Inhaber] an den Bedingungen der Regiemärkte. Doch nach Ver.di-Angaben werden in den meisten Fällen Löhne gezahlt, die durchschnittlich 30 Prozent unter Tarif liegen. […] Nicht selten wird ein Teil der Belegschaft auch durch Leiharbeiter ersetzt, heißt es bei Ver.di. Außerdem gibt es der Gewerkschaft zufolge in den mehr als 6000 privat betriebenen Läden nur rund 40 Betriebsräte.

In einem ähnlichen Zusammenhang des Missbrauchs von Leiharbeit bei Franken-Gut, einer EDEKA-Tochtergesellschaft, berichtete das ZDF-Magazin Frontal 21:

– Quelle: YouTube

Die Rechercheergebnisse, von auch von TV-Journalisten der Frankenschau des Bayerischen Fernsehens, wurden seitens des Unternehmen zurückgewiesen.

Sicher wird der Ansatz dieses Social Media Marketing viral möglicherweise recht wirksam sein. Dennoch hinterlässt eine zeitlich derart nah folgende Aktion einen Beigeschmack, welcher einem Management, dass wirklich an Verantwortung oder CSR interessiert ist, kaum passen dürfte.

Screenshot EDEKA Friedrich Liechtenstein Supergeil Video 2

Wir lieben Lebensmittel.“ Man möchte ergänzen – nicht so sehr manche Mitarbeiter.
Sozial verantwortungsbewusste Kommunikation sieht anders aus.

Screenshot EDEKA Friedrich Liechtenstein Supergeil Video 3

– Alle Screenshots: EDEKA via YouTube